Ein, äußerlich betrachet, unspektakuläres, unauffälliges Buch.
Doch als ich es zur Hand nahm, war mir bewußt, dass ich überrascht sein würde – egal in welcher Hinsicht. Amélie Nothomb schreibt nicht Mainstream.
Doch als ich es zur Hand nahm, war mir bewußt, dass ich überrascht sein würde – egal in welcher Hinsicht. Amélie Nothomb schreibt nicht Mainstream.
Die Handlung in diesem Buch spielt im Jahr 1923 – eine Küstenregion nach einem Fliegerangriff. Ein Mädchen in bestem Teenageralter bleibt als Waise zurück.
Sie wird gerettet und am Leben erhalten von einem kautzigen, verkorksten Alten, der auf einer kleinen Insel „Mortes-Frontières„ nahe dem Festland haust.
Er bringt sie im Boot in sein Haus. In ein Haus, in dem es keinen Spiegel gibt, in dem es keine Fenster in normaler Höhe gibt, sondern nur Lichtbänder, die so weit oben nahe der Decke angebracht sind, dass man auch mit Hilfe eines Stuhls oder einer normalen Leiter nicht hinaussehen kann.
In der Küche gibt es keine Blechtöpfe, nur Emaille und alles Geschirr ist stumpf.
Nirgendwo im Haus kann man sich als Person betrachten, sein Gesicht sehen, sich anschauen. Nirgendwo.
Als der Alte (so nennt ihn das Mädchen in Gedanken) Hazel, so heißt das Mädchen, auf die Insel bringt, gibt es das Haus – wie gerade beschrieben - bereits.
Hazel wird dort seit nunmehr 5 Jahren „gefangen“ gehalten. Obwohl das so nicht stimmt, denn sie selbst möchte das Haus und ihre Schutzhöhle nicht verlassen.
Der Alte schützt und bewahrt Hazel vor sich und der Konfrontation mit der Außenwelt. Sie ist bei dem Fliegerangriff auf schreckliche Weise entstellt worden und bietet daher ein grauenhaftes Antlitz. Sie verlässt das Haus nie, es ist ihr Wille.
Hazel wird krank. Sie will nicht mehr aufstehen, aus dem Zimmer gehen, fast nicht mehr sprechen. Ihr einziger Kontakt ist der Alte.
Dieser macht sich ernsthaft Sorgen und organisiert eine Krankenschwester, die diverse Eide schwören muss, um mit auf die Insel kommen zu dürfen – jeden Nachmittag – um die kranke Hazel wieder gesund zu pflegen.
Das erste Aufeinandertreffen der Krankenschwester mit Hazel ist ein Schock für die Helferin und ein Freudestaumel für Hazel. Endlich kann sie mit jemandem sprechen und jemanden anderen sehen.
Die Beziehung der beiden Frauen intensiviert sich langsam, kann aber aufgrund der Vorgaben des Alten an die Helferin, nie wirklich intim und wahrhaft nahrhaft werden.
Eines Tages will die Helferin ein Manöver unternehmen, dass Hazel aus ihrem Sumpf holen soll. Ein Unterfangen, bei dem die Helferin ihr Leben aufs Spiel setzt, denn der Alte ist besessen von Hazel und ihrer Anwesenheit in seinem Haus.
Die Geschichte bekommt ein völlig unerwartete Wendung. Niemals habe ich mit solch einem Fortgang der Geschichte gerechnet. Es war so spannend, ich bin schier geplatzt.
Ein weiteres extraordinäres Details dieses Buches: es gibt zwei Romanausgänge. Amélie Nothomb selbst konnte sich nicht entscheiden, welcher Ausgang ihr besser gefiel und so hat sie beide Schlussakkorde dargestellt.
Ich habe lange darüber diskutiert und letztlich ging es mir so, dass ich zunächst für den einen Schluss war und kurz darauf mich doch umentschieden habe. Und dann wieder und wieder.
Reizvoll bis in beide Romanausgänge.
Ich möchte noch etwas hinzufügen.
Die Romane von Nothomb sind so grundverschieden und auch manche mag ich sehr. Allen ist – meines Erachtens – gemeinsam, dass Nothomb eine wunderbare bildhafte Sprache aufschreibt. Sie trifft genau die Worte, die Adjektive die es braucht um eine Stimmung oder ein Gefühl im Leser wachzurütteln und hochkommen zu lassen.
Das finde ich sehr bemerkenswert.
Einige Passagen habe ich herausgenommen, als Leseproben für Euch:
Kennt ihr das Buch?
Wie habt ihr es empfunden?
erste Beengung der Krankenschwester mit Hazel in deren Zimmer |
ein Eid, den die Helferin schwören musste und der den Romanverlauf beeinflusst |
beim Versuch der Flucht: Konfrontation zwischen dem Alten, der Helferin und Hazel Hazel, die sehr gespalten ist |
Kennt ihr das Buch?
Wie habt ihr es empfunden?